Corporate In Apulien gereift, bei Neapel verarbeitet: Weniger als 24 Stunden dauert der Weg der Longobardi Pelati vom Acker bis in die Büchse. Eine Reise ins Tomatenparadies.
Text: Rahel Schmucki Bilder: Cyril Krähenbühl
Der Acker ist noch feucht von den Regenschauern der letzten Tage. Es riecht nach Heu, nasser Erde und reifen Tomaten. Es ist kurz nach 8 Uhr, Morgentau liegt auf den knallroten Früchten, die zu Tausenden auf dem Acker wachsen und in der Morgensonne glänzen. Meter für Meter kämpft sich die Erntemaschine durch das Feld. In diesen Septembertagen werden im süditalienischen Apulien die letzten Tomaten für die Produktion geerntet.
Bald schon stehen die Pelati in den typischen Longobardi-Büchsen im Migros-Regal. Bis sie den Namen Pelati verdienen, müssen die Tomaten zwar noch einige Stationen durchlaufen. Aber der Weg vom Feld bis in die Büchse dauert gerade mal 24 Stunden. Der Countdown läuft: Drei Viertel des Ackers sind bereits geschafft. Auf dem erdigen Boden liegen einzelne rote Früchte, die der Erntemaschine entwischt sind.
Reif für die Dose: Die Erntemaschinen kämpfen sich durch die letzten Tomatenfelder.
Die Felder in der Provinz Foggia gehören der Kooperative La Fara Giardino, einer Genossenschaft, der 64 Bauern aus der Region angeschlossen sind. Hier wachsen in einem guten Jahr bis zu 100 Millionen Tomaten. Dieses Jahr war es jedoch kalt und es hat viel geregnet. «Deshalb ist die Ernte nur halb so gross», erklärt Placido Caroppo (62), der Präsident und Agronom der Kooperative. Von «La Fara Giardino» bezieht der Pelati-Hersteller Longobardi seit über 30 Jahren seine Tomaten. Runde Fleischtomaten für geschnittene Pelati, längliche für die ganzen. Rund 20 Prozent der Ernte verarbeitet Longobardi für die Migros, seit über 50 Jahren. Im Jahr entspricht das etwa 13 Millionen Dosen, die in den Schweizer Regalen landen.
Nur reife Früchte kommen weiter
Bei Longobardi übernimmt seit zehn Jahren eine Maschine das Pflücken. Der komplexe Ablauf erfordert aber sechs Arbeiter. Sie tragen gelbe Leuchtwesten und sind auf zwei Fahrzeuge verteilt, die nebeneinander herfahren. Die Erntemaschine schneidet die ganzen Tomatenpflanzen ab. Ein Förderband transportiert sie ins Innere des Wagens, wo die Stauden von den Früchten getrennt werden.
Die Stauden fliegen im hohen Bogen hinter dem Fahrzeug zurück aufs Feld, die Tomaten landen auf dem Förderband, das an zwei weiteren Mitarbeitern vorbeifährt. Einer sortiert die übrigen Stauden und Steine aus, der andere entfernt die unreifen Früchte. Ein treppenartiges Förderband führt weiter in die Höhe und über eine Brücke ins zweite Fahrzeug. Hier fallen die Tomaten in grüne Kisten. Ein Arbeiter im Gabelstapler verlädt die vollen Kisten auf einen Lastwagen. In der Haupterntezeit verlassen bis zu 200 Lastwagen die Felder. «Nach der Ernte werden die Tomaten innerhalb eines Tages weiterverarbeitet», erklärt Enza Lombardi (46), die bei Longobardi für die Qualitätssicherung zuständig ist.
Nicht mehr von Hand: Seit Zehn Jahren erntet die Kooperative die Tomaten maschinell.
Die Tomaten für Longobardi werden nach Scafati, in der Nähe von Neapel, gefahren. Das sind knapp 200 Kilometer von der Ost- an die Westküste. «Wir verwenden die Tomaten von Apulien, weil da der Boden und somit die Qualität der Früchte besser ist», erklärt Nello Longobardi (57), der Inhaber des Pelati-Herstellers. Die perfekte Tomate für eine Pelati ist reif, tiefrot und hat viel italienische Sonne getankt. Longobardi pflückt zwei Tomaten, reibt sie behutsam sauber und riecht daran, bevor er sie in eine der grünen Kisten legt.
Nach zwei Stunden erreicht die rote Fracht die Longobardi-Fabrik in Scafati. Der Lastwagen fährt direkt in den Innenhof. Die grün-weiss gestreiften Sonnenstoren vor dem Bürogebäude verleihen der Fabrik ihren italienischen Charme.
Gewaschen, gekocht und geschält
Der Fahrer kippt die Tomaten in ein grosses Wasserbecken. Es ist der erste
Schritt in einer langen, zusammenhängenden Arbeitskette, die sich über die ganze Produktionshalle und den Innenhof bis zur Lagerhalle erstreckt. Hier werden die Tomaten über ein Förderband gejagt, gewaschen, erhitzt und dann von einer Maschine geschält. In der Produktionshalle ist es heiss und feucht, es riecht nach gekochten Tomaten.
Von Hand geschält: 24 Mitarbeiterinnen entfernen die letzten Hautreste von den gekochten Tomaten.
Im Herzen der Fabrik kullern Tausende von roten Tomaten über das Fliessband. Hier ziehen 24 Mitarbeiterinnen mit weissen Haarnetzen die übriggebliebene Haut von den Früchten. Sie tragen einen Gehörschutz, denn die noch leeren Dosen, die über Metallschienen durch die Luft gewirbelt werden, scheppern ohrenbetäubend.
Fertig für die Konserve: Hier werden die gehackten Tomaten in die Dosen abgefüllt.
Die nun komplett geschälten Tomaten fahren auf einem Fliessband weiter, werden gehackt und in die Dosen abgefüllt. Die Dosen werden verschlossen und zur Sterilisation nochmals auf 90 Grad erhitzt. Nach einem Wasserbad haben sie die richtige Temperatur, um in einer Metallschiene durch den Innenhof in den Lagerraum transportiert zu werden. Hier werden sie mit einer Maschine auf Fremdkörper untersucht, bevor sie eingelagert werden. «Wir etikettieren die Dosen erst, wenn eine Bestellung eingegangen ist», sagt Nello Longobardi.
Bis dahin warten die Tomaten in einer neutralen silbrigen Dose in Scafati. Kommt eine Bestellung, werden sie nochmals auf Fremdkörper geröntgt und durch die Etikettiermaschine geschleust. Im Lastwagen geht es zur Verladestation «Marcianise», von da per Bahn 1200 Kilometer in die Schweiz. Nach wenigen Tagen stehen die Dosen in den Migros-Regalen. Bereit für eine Portion Spaghetti Napoli aus sonnengereiften, auf ihrem Zenit geernteten Tomaten.
Fertig für den Laden: Die Dosen werden mit Etiketten versehen und verpackt.
(Corporate-Artikel erschien im Migros-Magazin am 30. September 2019)